Benzodiazepin-Abhängigkeit: Behandlung

Benzodiazepin-Abhängigkeit: Behandlung

Im dritten von vier Teilen berichtet Clienia über wichtige Aspekte der Behandlung einer Benzodiazepin-Abhängigkeit.

Grundsätzliches
Im Falle einer Abhängigkeit von Benzodiazepinen, basierend auf den Kriterien des ICD-10 (Teil1), sollten vor der eigentlichen Behandlung einige Punkte geklärt werden. Dazu gehören die Entstehung, die Zeitspanne und die Dosis der zuvor konsumierten und der benötigten Menge an Medikamenten für die Behandlung. Weiter muss beachtet werden, ob allenfalls komorbide psychiatrische Störungsbilder vorliegen, die einen möglichen Entzug beeinflussen könnten. Auch eine weiterführende Behandlung mit Benzodiazepinen kann eine Option sein. Im letzteren Fall könnte statt eines Entzugs eine Reduktion der Dosis zum Thema werden. Generell kommen, in Abhängigkeit der erläuterten Faktoren, die medikamentöse Substitution, die Psychotherapie, aber auch eine breiter angelegte sozial-psychiatrische Betreuung als mögliche Behandlungsform in Frage.

Low-dose-Abhängigkeit
Diese niedrig dosierte Form der Abhängigkeit, die oft aus einer Behandlung durch ärztlich verschriebene Benzodiazepine entsteht (Teil 2), sollte zuerst mit einer ausführlichen Psychoedukation bezüglich den Abhängigkeitsmechanismen der spezifischen Medikamente behandelt werden. Darauf aufbauend sollte ein ambulanter Entzug angestrebt werden. Aufgrund des hohen psychischen Abhängigkeitspotenzials von Benzodiazepinen sollte dieser unbedingt, und in regelmässigen Abständen, psychiatrisch-psychotherapeutisch begleitet werden. Eine Indikation für einen Entzug im stationären Setting besteht dann, wenn parallel eine psychiatrische Erkrankung vorliegt, die einen ambulanten Entzug stark erschwert oder wenn das soziale Netz der betroffenen Person durch einen ambulanten Entzug zu stark beansprucht würde.

High-dose-Abhängigkeit
Liegt eine Abhängigkeit von Benzodiazepinen im hohen Bereich (Teil 2) vor, muss unbedingt abgeklärt werden, inwiefern eine weitere stoffgebundene Abhängigkeit und womöglich auch eine psychiatrische Erkrankung vorliegen. Letztere muss nicht zwingend offensichtlich sein, da der Konsum womöglich die Symptomatik lindert. Liegt eine entsprechend komplexe Sachlage vor, sollte eine Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung im stationären Rahmen durchgeführt werden. Im Verlaufe dieser Behandlung kann sich auch herausstellen, dass die Behandlung mit einer niedrigen Dosis an Benzodiazepinen im Sinne einer Schadensminderung indiziert ist.

Unabhängig davon, ob die Behandlung im ambulanten oder stationären Rahmen durchgeführt wird, muss bei Benzodiazepinen mit einem, sowohl psychisch als auch physisch enorm belastenden Entzugsprozess gerechnet werden. Abhängig von der konsumierten Dosis, sollte ein langsam wirksames Medikament in der äquivalenten Dosis verordnet und entsprechend vorsichtig und schrittweise abgebaut werden. Plötzliches Absetzen sollte vermieden werden. Generell dauert ein Entzug von Benzodiazepinen vergleichsweise sehr lange und wird von betroffenen Personen als «extrem belastend» beschrieben.

Neben körperlichen Entzugssymptomen wie Unruhe, Anspannung, Zittern oder Schwitzen sind bereits zu Beginn eines Entzuges oft eine emotionale Dünnhäutigkeit, Ängste, depressive Verstimmungen, Ein- und Durchschlafstörungen oder ein Hang zu Aggressionen zu beobachten. Aus diesem Grund muss neben der rein medizinisch-pharmakologischen Behandlung unbedingt auch eine psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung gewährleistet sein. Wie zuvor beschrieben, kann ein regelmässiger Konsum von Benzodiazepinen die stärkere Ausprägung einer psychiatrischen Krankheit (zum Beispiel eine Angst-/Panikstörung, psychotische Erkrankung) verhindern beziehungsweise die Symptome dämpfen. Entsprechend könnte diese Komorbidität beim Abbau der Medikation wieder stärker zum Vorschein kommen. Um diesen Prozess adäquat begleiten und allenfalls die komorbide Störung behandeln zu können, empfiehlt sich ebenfalls das stationäre Setting.

Teil 1 - Benzodiazepine: Definition und Übersicht

Teil 2 - Benzodiazepine: Risikofaktoren

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