Benzodiazepine - Definition, Wirkung und Abhängigkeit

Benzodiazepine - Definition, Wirkung und Abhängigkeit

Im ersten von vier Teilen berichtet Clienia über die Wirkung und Verbreitung von Benzodiazepinen.

Übersicht
Benzodiazepine sind Medikamente, welche als Beruhigungsmittel eingesetzt werden und somit u.a. auch bei ausgeprägten Schlafproblemen helfen können. Die verschreibungspflichtigen Medikamente werden umgangssprachlich auch Benzos genannt und sind auch unter dem englischen Begriff Tranquilizer bekannt. Das erste bekannte Benzodiazepin wurde in den 1960er Jahren entwickelt und bestand aus dem Wirkstoff Diazepam. Das Medikament ist bis heute unter der Bezeichnung der Marke Valium bekannt.

Die offizielle Indikation für Benzodiazepine ist in der Regel bei Patienten mit einer Angst- und/oder Panikproblematik gegeben. Weiter auch kurzzeitig bei schweren Schlafproblemen, Erregungs- und Spannungszuständen. Aufgrund des erhöhten Abhängigkeitspotentials werden Benzodiazepine in der Regel nur für eine Dauer von wenigen Tagen oder Wochen verschrieben.

Neben ärztlich verordneten Medikamenten ist auch der übermässige oder missbräuchliche Konsum von Benzodiazepinen auf dem Schwarzmarkt durchaus verbreitet. Ob im Anschluss an eine offizielle Behandlung oder im Sinne eines "klassischen" Drogenkonsums, ist eine Abhängigkeit eine schwere Erkrankung, die von entsprechendem Fachpersonal behandelt werden sollte. Über die Behandlung lesen Sie in einem späteren Teil dieser Blogreihe.

Wirkungen
Die Wirkung von Benzodiazepinen besteht im Wesentlichen darin, dass sie Rezeptoren im Gehirn besetzen, welche verhindern, dass Schmerzreize weitergeleitet werden.

Entsprechend wirken sie angstlösend und entspannend. Bei einer hohen Dosierung ist die Wirkung stark dämpfend bis zu sedierend und kann zu einem verminderten Atemantrieb führen. Diese Wirkung kann insbesondere dann stark ausgeprägt und sogar sehr gefährlich werden, wenn gleichzeitig eine weitere Substanz mit einer ähnlich dämpfenden und sedierenden Wirkung, wie zum Beispiel Alkohol oder Opiate, eingenommen wird.

Benzodiazepine werden als Tablette oder als Flüssigkeit (z.B. Spray, Tropfen, Infusion) produziert und sind aus medizinischer Sicht entsprechend für den oralen, nasalen oder intravenösen Konsum vorgesehen. Im Rahmen des missbräuchlichen Konsums ist sowohl die orale, nasale und als auch intravenöse Applikationsform verbreitet.

Symptome der Abhängigkeit
Grundsätzlich gelten auch bei Benzodiazepinen die Kriterien der ICD-10 für Abhängigkeitserkrankungen. Sind von folgenden Symptomen mindestens drei innerhalb eines Jahres gegeben, wird aus medizinischer Sicht von einer Abhängigkeit gesprochen:

·    Stark reduzierte Kontrolle über den Konsum

·   Starkes, teilweise zwanghaftes Verlangen nach dem Konsum der Substanz

·   Entwicklung einer Toleranz (höhere Dosis für die gleiche Wirkung nötig)

·   Körperliche Entzugserscheinungen (z.B. Zittern, Schwitzen, hoher Puls)

·   Vernachlässigung anderer Felder, die früher Freude bereitet haben

·   Fortführung des Konsums trotz offensichtlicher und subjektiv bewusster Schädigung der Gesundheit

Die vorangehend aufgelisteten Symptome sind vor allem beim missbräuchlichen Konsum relevant. Da sich aber auch bei einer Verschreibung durch den Arzt, selbst bei einer tiefen Dosierung (z.B. weniger als 20mg Diazepam/Valium), nach wenigen Monaten in einem schleichenden Prozess eine gewisse Abhängigkeit entwickeln kann, wird auch von  einer "low-dose" Abhängigkeit gesprochen. Dabei sind womöglich nicht alle notwendigen Kriterien für eine "klassische" Abhängigkeit erfüllt, ein sofortiges Absetzen der Benzodiazepine kann aber trotzdem schwierig oder praktisch unmöglich sein. Weiter hängt das Abhängigkeitspotential auch von der konkreten Substanz ab. Benzodiazepine, die einen raschen Wirkeintritt haben (z.B. Midazolam oder unretardiertes Alprazolam), bergen die Gefahr eines erhöhten Abhängigkeitspotentials.

Verbreitung
Grundsätzlich sind Benzodiazepine in der Schweiz ziemlich verbreitet. Schätzungen des Bundesamtes für Gesundheit BAG aus dem Sommer 2020 gehen davon aus, dass bei 200'000 - 400'000 Personen in der Schweiz ein problematischer Konsum von Benzodiazepinen oder vergleichbaren Medikamenten vorliegt. Bei Personen über 15 Jahren konsumieren 3 Prozent der Schweizer Bevölkerung seit 3 oder mehr Monaten Benzodiazepine, wobei Frauen stärker betroffen sind.

Über Risikofaktoren und mögliche Ursachen für eine Benzodiazepin-Abhängigkeit werden wir in der nächsten Ausgabe dieser Blogreihe berichten.

Teil 2 - Benzodiazepine: Risikofaktoren

Teil 3 - Benzodiazepine: Behandlung

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