Das Gefühl, sich über längere Zeit bei der Arbeit nicht konzentrieren zu können, ständige körperliche und psychische Anspannung, wobei auch Schlaf und Freizeit keine Erholung bringen. Bei der Beschreibung dieser Situation, oder auch nur bei einzelnen Faktoren, wie Stress, Ermüdung oder Überarbeitung, kommt unweigerlich der Begriff Burnout (auf Deutsch: ausbrennen; das Gefühl ausgebrannt zu sein) ins Spiel. Der Begriff Burnout hat sich in den letzten Jahren stark in unserer Gesellschaft etabliert. Dennoch, fehlt bis heute offiziell eine klare und einheitliche Definition dieses Phänomens. Diese fehlende Einheitlichkeit betrifft einerseits die Frage, inwiefern Burnout als offizielle Krankheit diagnostiziert werden kann, andererseits die Ursachen, die dem Ganzen zugrunde liegen. Mediziner, Psychologen und Politiker sind gegenwärtig damit beschäftigt, wie in Zukunft mit Burnout als Krankheit und/oder gesellschaftliches Phänomen umgegangen werden soll. Eine wichtige Rolle spielt dabei, ob es genügt, sich ausschliesslich auf den Arbeitskontext zu beschränken und inwiefern das soziale Umfeld in die analytische Betrachtung miteinbezogen werden kann.
Ist Burnout eine Krankheit?
Da sich Burnout als Begriff in unserer Gesellschaft stark etabliert hat, werden typischerweise verschiedene Symptome damit in Verbindung gebracht. So zum Beispiel:
Stress bei der Arbeit
Konzentrationsprobleme
Reizbarkeit
Mangelnde Freude an der Arbeit
Physische und Psychische Erschöpfung
Müdigkeit
Verminderte Leistungsfähigkeit
Schlafstörungen
All diese aufgelisteten Punkte müssen über einen längeren Zeitraum vorliegen, damit von einem Burnout gesprochen werden kann. Der Grund dafür, dass diese Symptome, wie sie in einer breiteren Bevölkerung oft genannt werden, eher unpräzise wirken liegt darin, dass gemäss der Internationalen Klassifikation von Krankheiten der WHO (ICD) Burnout nicht als eigentliche Krankheit deklariert ist. Jedoch rückte Burnout als Konstrukt derart in einen breiteren öffentlichen Fokus, dass in der offiziellen Klassifikation eine Art "Nische" für eine Diagnose, die den entsprechenden arbeitsspezifischen Symptombereich abdeckt, geschaffen werden konnte. Die Punkte Z.70-76 des ICD beziehen sich auf Personen, "die das Gesundheitswesen aus sonstigen Gründen in Anspruch nehmen". Alleine diese Kategorisierung unterstreicht den angesprochenen Mangel an Spezifität. "Ausgebranntsein" (Burnout) wird unter Z.73 "Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensführung" aufgelistet. Folgende Punkte werden unter Z.73 ebenfalls erwähnt:
Körperliche oder psychische Belastung ohne nähere Angabe
Stress, andernorts nicht klassifiziert
Zustand der totalen Erschöpfung
alle diese Punkte müssen klar auf Umstände am Arbeitsplatz zurückzuführen sein
Mögliche Ursachen von Burnout werden in einem weiteren Kapitel dieser Reihe ausgeführt.
Arbeitskontext
Da diese (offiziellen) Symptome wiederum sehr allgemein formuliert sind und auf eine Vielzahl von Krankheitsbildern zutreffen, sind folgende Ausschlusskriterien von grosser Wichtigkeit:
Probleme mit Bezug auf Pflegebedürftigkeit
Probleme mit Bezug auf sozioökonomische oder psychosoziale Umstände
Diese Punkte zeigen auf, dass sich Burnout als allfälliges Krankheitsbild ausschliesslich auf den Arbeitskontext beschränken muss. In sämtlichen medizinischen Diagnosen sind sogenannte Differenzialdiagnosen, also die Frage, ob auch ein anderes (bereits vorliegendes) Krankheitsbild für das Vorliegen der Symptome verantwortlich sein könnte, sehr wichtig. Im Falle von Burnout gilt es daher abzuklären, ob andere Probleme wie zum Beispiel finanzielle Schwierigkeiten, eine Trennung, ein Todesfall im näheren privaten Umfeld vorliegen, die ebenfalls für die oben erwähnten Belastungssymptome verantwortlich sein könnten. Die erwähnte Tatsache, dass Burnout ausschliesslich als "Arbeitskrankheit" betrachtet werden soll, macht die entsprechende Diagnose äusserst schwierig, in manchen Fällen wohl beinahe unmöglich.
Arbeit und Individuum
Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) hat wegen der zunehmenden Relevanz von Burnout eine Art Leitfaden kreiert, welcher helfen soll verschiedene unklare Punkte zu ordnen und das allgemeine Verständnis zu verbessern. Gemäss diesem Konzept wirken Ursachen nicht nur Arbeitsfaktoren, sondern auch "individuelle" Faktoren auf das Stresslevel der betroffenen Person ein. Wie oben erwähnt, dürfen für eine Burnout-Diagnose nur arbeitsbezogene Faktoren entscheidend am Störungsbild beteiligt sein.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Schweregrad oder das Stadium der Erkrankung. Als wichtiges Merkmal gilt dabei, inwiefern Erholung (z.B. Wochenende, kurze Ferien) zu einer Linderung der Stress- / Überlastungssymptome führt. Ist diese Verminderung nicht der Fall, ist es wahrscheinlicher, dass ein Burnout vorliegt. Generell steigt mit dem Schweregrad des Burnout-Syndroms auch die Wahrscheinlichkeit einer Depression. Bei einer Depression steht mehr der verminderte Antrieb, beim Burnout jedoch eher eine Erschöpfung über mehrere Monate hinweg im Vordergrund.
Des Weiteren spielt auch der Zeitpunkt der Diagnose eine grosse Rolle. Nach fortgeschrittener Zeit ohne Intervention können sowohl psychische (z.B. Depression) als auch physische Folgeschäden auftreten. Dies erschwert dann eine Diagnose zusätzlich, da sich womöglich nicht beurteilen lässt, ob die Beschwerden die Folgen oder die Ursache eines Burnouts sind.
Die nächsten Teile des Blogs rund um Burnout werden sich mit den Ursachen, sowie möglichen Behandlungsmethoden beschäftigen.