Vor zwölf Jahren erhielt Frau W. die Diagnose, dass sie Krebs habe. Es folgte eine anstrengende Therapie, an deren Ende sie als geheilt galt. Doch acht Jahre später der Schock: Durch Zufall wird entdeckt, dass sich der Krebs in ihrem Körper weiter ausbreitet. Abermals wird therapiert mit Hormonen, fünf Zyklen Chemotherapie und Bestrahlung. «Das war sehr belastend für mich», erzählt Frau W., «die Kräfte schwinden einfach, auch die seelischen. Immer wieder hofft man, und immer wieder wird man enttäuscht.» Seit einigen Monaten sind Schmerzen in der Wirbelsäule hinzugekommen, was zusätzlich eine Schmerztherapie erforderlich macht, und Frau W. mochte fast gar nichts mehr essen. «Eigentlich hat die letzte Chemotherapie ein gutes Resultat gebracht», erzählt sie, «und mein Onkologe wollte so weiterfahren. Aber ich habe gemerkt, dass ich einfach nicht mehr kann.»
Frau W. hat eine Depression entwickelt. Zum Glück hat ihr Umfeld bemerkt, wie schlecht es ihr ging, und sie motiviert, in eine Klinik einzutreten, was sie selber schon ins Auge gefasst hatte. Seit einem guten Monat wird sie nun auf der Station D1 der Clienia Schlössli in Oetwil am See behandelt. «Ich bin ganz zerknittert angekommen», erzählt sie, «und wurde super empfangen. Ich bin wirklich beeindruckt von diesem Team, das sehr individuell auf uns Patienten eingeht und mich immer wieder fragt, was mir guttut oder was ich brauche. Mir ist wichtig, dass das alte Bild der Psychiatrie als etwas Negativem, wo man zu Dingen gezwungen wird, aus den Köpfen verschwindet. Es ist völlig falsch. Ich kann hier selber entscheiden, darf Therapien ausprobieren und mich auch kurzfristig abmelden, wenn ich merke, dass mir etwas nicht hilft. Es wird alles unternommen, damit ich zu Kräften komme und mich erhole.» Neben der Craniosakraltherapie belegt Frau W. Physiotherapie und Massage, zudem Musiktherapie, Ergotherapie und nimmt an der Bewegungsgruppe teil. «Ich möchte mit alldem meine Muskulatur stärken und mich kräftigen, auch wenn ich es leider noch nicht geschafft habe, wieder ein bisschen zuzunehmen.» Sehr hilfreich empfindet sie, dass während des stationären Aufenthaltes auch ihre Schmerzmedikation überprüft und für die momentane Situation optimiert werden konnte.
Am «Schlössli» schätzt Frau W. neben ihrem Behandlungsteam vor allem die wunderbare Lage in der Natur. «Ich bin viel draussen und kann Kraft tanken auf meinen Spaziergängen», sagt sie. Essen mag sie immer noch nicht viel, auch mag sie nicht alles, was ihr serviert wird, «aber wenigstens kann ich mich einfach hinsetzen und muss nicht überlegen, was ich kochen könnte». Frau W. geht es viel besser. Sie sagt: «Hier bin ich aufgehoben und abgegrenzt vom Alltag. Ich konnte den Krebs endlich einmal beiseiteschieben und sagen: Jetzt bin ich als Person wieder einmal wichtig.»
B.W. (Name geändert) ist Patientin auf der Station D1 der Clienia Privatklinik Schlössli.
Teil 1: Chronische Erkrankungen und ihre Auswirkungen auf die Psyche: Definition und Entstehung
Teil 2: Chronische Erkrankungen und ihre Auswirkungen auf die Psyche: Psychische Folgen
Teil 3: Chronische Erkrankungen und ihre Auswirkungen auf die Psyche: Behandlung