Enuresis und Enkopresis: Geschichte eines Patienten

Enuresis und Enkopresis: Geschichte eines Patienten

Luca* ist 8 Jahre alt und macht immer noch in die Hose. Er hat nie gelernt, seinen Stuhlgang zu beherrschen, obwohl er körperlich gesund ist. Oft merkt er gar nicht, dass er gerade seinen Darm entleert. Erst, wenn es zu spät ist. Nach dem Einkoten verhält er sich oft ruhig und wird erst durch den unangenehmen Geruch für die Umgebung auffällig. Richtig peinlich ist es ihm eigentlich nur in der Schule, wenn die anderen Kinder ihn hänseln und ausgrenzen. Das macht Luca traurig und einsam. Das Einkoten passiert vorwiegend am Tag, in der Nacht ist es die Ausnahme. Manchmal versteckt er seinen Kot im Bett seiner kleinen Schwester, die ihm dauernd auf die Nerven geht. Oder im Schuhschrank. Seinen Kot zu verstecken, bereitet Luca Spass. Er geniesst es, wenn das Gesicht seiner Mutter von Ekel gezeichnet ist oder die Schwester kreischt und sich fast erbrechen muss. Gerade nach Streitigkeiten kann er seiner Familie zeigen, dass er einen sprichwörtlichen «Scheiss» auf deren Meinung gibt. Ein mächtiges Gefühl, findet er.

Hin und wieder unterdrückt Luca sein Bedürfnis, auf die Toilette zu gehen, auch absichtlich. Weil er gerade lieber gamen will oder weil ihm das Gefühl gefällt, den Kot zurückzuhalten. Dies führt zu Verstopfung und zu Kotstau, an dem sich der neue Stuhl vorbeischiebt und in der Hose landet. Ein Teufelskreis!

Da eine körperliche Erkrankung bei Luca ausgeschlossen wurde, kann von einer psychischen Ursache und Aufrechterhaltung für das Problem ausgegangen werden. Nach jahrelangen Streitereien und vielen unschönen Szenen leben seine Eltern seit einiger Zeit getrennt, seinen Vater sieht Luca nur noch unregelmässig. Manchmal vergisst er auch einfach, seinen Sohn an seinem Betreuungswochenende von der Schule abzuholen. Die Mutter hat einen neuen Partner, der keine Geduld mit Kindern hat und oft schimpft.

Luca war zwei Monate lang auf der Kindergruppe «Linde C» in Littenheid. Dort hat er gelernt, besser auf die Signale seines Körpers zu hören, zum Beispiel ob er hungrig oder durstig ist, ob er sich gut oder schlecht fühlt und ob er urinieren oder koten muss. Und dass sein Kot in die Toilette gehört. Kleine Fortschritte konnten verzeichnet werden, aber Luca steht noch ein langer Weg bevor. Es findet eine ambulante Anschlussbehandlung an seinem Wohnort statt.

* Name geändert

Teil 1) Enuresis und Enkopresis: Symptome und Diagnose
Teil 2) Enuresis und Enkopresis: Ursachen
Teil 3) Enuresis und Enkopresis: Behandlung

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