Komplementärmedizin in der Psychiatrie: Spannungsregulation

Komplementärmedizin in der Psychiatrie: Spannungsregulation

Im zweiten von vier Teilen zu Komplementärmedizin in der Psychiatrie beschreibt Clienia Methoden zur Spannungsregulation.

Teil 1: Komplementärmedizin in der Psychiatrie. Definition und Einführung. 

Teil 3: Komplementärmedizin in der Psychiatrie. Schmerzen. 

Was ist psychische Spannung?
Der Begriff der Spannung scheint auf den ersten Blick sehr unspezifisch. Im medizinischen Bereich beschreibt er sowohl psychische, als auch physiologische Spannungen als Stress und die entsprechende Reaktion darauf. Psychischer und physiologischer Stress sind grundsätzlich stark ineinander verwoben, was es ermöglicht psychischen Stress anhand physiologischer Parameter bis zu einem gewissen Grad in Zahlen auszudrücken. Beispiele für solche Parameter sind ein erhöhter Puls, Blutdruck oder Atemfrequenz. Des Weiteren die Hautleitfähigkeit, muskuläre Verspannungen oder Hormonwerte (Cortisol).

Eine erhöhte oder dysfunktionale Spannung tritt bei einer Vielzahl von psychischen Erkrankungen und mit ungünstigem, dysfunktionalem (Selbst-/Fremdverletzung, Substanzkonsum) Verhalten diese Spannung zu regulieren auf, weshalb Methoden zur Regulation dieser Spannungen für einen gesunden und nachhaltigen Heilungsverlauf essenziell sind.

Wie entsteht psychische Spannung?
Die Gründe für das Entstehen psychischer Spannung können sehr vielfältig sein. Zum einen sind dies Emotionen, also interne Auslöser, welche wiederum durch externe Auslöser wie die Einnahme von Substanzen (z.B. Alkohol, Medikamente) oder das Erleben von Konflikt oder Unzufriedenheit beeinflusst werden können. Interne und externe Auslöser lassen sich oft nur schwer unterscheiden, da sie sich insbesondere bei psychischen Erkrankungen gegenseitig stark beeinflussen.

Im Grundsatz haben die meisten Methoden der Spannungsregulation gemeinsame Ziele, die dadurch erreicht werden sollen. So zum Beispiel Selbstkontrolle (im Sinne der Selbstwirksamkeit), Steuerung der Konzentration, körperliche und psychische Beruhigung, sowie eine allgemeine Verbesserung des Wohlbefindens. Nachfolgend werden zwei ausgewählte Verfahren vorgestellt.

Phytotherapie
Phytotherapie beinhaltet den Einsatz von Pflanzen und Pflanzenteilen, welche zu Arzneimitteln verarbeitet werden. Die Zubereitungsarten unterscheiden sich nicht nur zwischen den entsprechenden Pflanzen, sondern auch darin, welcher Stoff aus der Pflanze extrahiert und damit welche Wirkungen dabei erzielt werden sollen. Interessant ist auch, dass neben der Wirksamkeit als pflanzliches Vielstoffpräparat mit zahlreichen Inhaltsstoffen auch andere Sinne wie Geruch, Berührung, Wärme usw. angeregt werden und somit deutlich mehr Anwendungsformen zur Verfügung stehen als nur Tabletten und Tropfen.

Im Rahmen des interdisziplinären Angebots arbeitete die Clienia mit dem Institut für Naturheilkunde des Universitätsspitals Zürich zusammen. Diese Zusammenarbeit half dabei eine gezielte Anwendung der phytotherapeutischen Arzneimittel alleine oder in Kombination mit der psychotherapeutischen Behandlung und somit die nachgewiesene Wirksamkeit zu gewährleisten. Im Vergleich zu industriell erzeugten Arzneimittel ist diese Wirksamkeit oft ähnlich und durch den natürlichen Anteil oft verträglicher und mit wenig Nebenwirkungen verbunden, was erklärt wieso viele Klienten den Einsatz von phytotherapeutischen Methoden sehr schätzen.

Am Beispiel der Spannungsregulation stehen Bergamotte, Sandelholz oder Neroli als ätherische Öle in unterschiedlichen Anwendungen wie Beduftung, Bäder oder Massagen zur Verfügung. Als Kompresse eignet sich Pfefferminze. Als Ceres-Tropfen kommen Valeriana (Baldrian), Geranium robertianum (Storchenschnabel), Lavendula (Lavendel) zur Anwendung. An Fertigpräparaten wenden wir zur Spannungsregulation v.a. Relaxane an, ein Gemisch aus Pestwurz, Melisse, Baldrian und Passionsblume.

Akupunktur
Die Akupunktur ist Teilgebiet der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Bei der Behandlung werden die entsprechenden Akupunkturpunkte, die entlang der Meridiane liegen, durch einen sanften Reiz, mit sehr feinen Nadeln aktiviert und der Qi-Fluss (Energiefluss) des Körpers reguliert.

Ohrakupunktur
Im Gegensatz zur Körperakupunktur handelt es sich bei den Zonen und Punkten der Ohren um Reflexzonen. Wenn es zu einer Funktionsstörung in einem Organ kommt, verändert sich der Hautwiderstand am Akupunkturpunkt im Ohr. Durch Ohrakupunktur können erkrankte Organe oder Körperbereiche positiv beeinflusst werden.

Ohrakupunktur nach dem NADA-Protokoll
Das NADA-Protokoll bezeichnet ein standardisiertes Verfahren der Akupunkturbehandlung. Die Kombination von 5 Ohrpunkten wurde in den 70er Jahren zur Behandlung von Suchterkrankungen eingesetzt. Die regelmässige Akupunktur kann nicht nur Entzugsbeschwerden und den Suchtdruck vermindern, sondern insgesamt eine stabilisierende, ausgleichende Wirkung erzeugen. Das NADA-Protokoll wird oft bei Depressionen, Angststörungen und Suchterkrankungen eingesetzt. Der non-verbale Aspekt der Akupunktur kann auch eine angenehme Abwechslung zum teilweise konfrontativen Aspekt von Gesprächstherapie darstellen. Grundsätzlich steht das Angebot auf allen Stationen der Clienia zur Verfügung und wird durch geschultes Personal (Pflege & Ärzte) durchgeführt.

Die beschriebenen Verfahren gehören zu jenen, welche in der Praxis häufig eingesetzt werden und deren Wirksamkeit von der Wissenschaft mehrfach belegt ist. Jedoch bietet Clienia eine Vielzahl an weiteren Methoden an, deren Anwendung für jeden Klienten und dessen Beschwerden individuell geprüft werden muss.

Im nächsten Teil dieses Blogs wird der Einsatz von Komplementärmedizin bei Schmerzen genauer durchleuchtet.

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