Non-Binarität und Geschlechtsidentitäten: Begleitung

Non-Binarität und Geschlechtsidentitäten: Begleitung

Ebenso vielgestaltig wie Geschlechtsidentität ist auch die therapeutische Begleitung, die Menschen in ihrer Identitätsentwicklung unterstützt.

Psychotherapeutische Begleitung 
Häufig kann es sinnvoll sein, geschlechtsinkongruente Kinder psychotherapeutisch zu begleiten, um sie in ihrer Identitätsentwicklung zu unterstützen. Ein erster Schritt ist oftmals ein gemeinsames Kennenlernen im Rahmen eines Familiengespräches. Gemeinsam findet man heraus, wie sich die Geschlechtsidentität des Kindes bisher entwickelt hat. Manchmal unterscheiden sich hier die Wahrnehmungen von Kind und Eltern. Während manche Kinder ihre Geschlechtsidentität klar kommunizieren, sobald sie in einem Alter sind, sich mitzuteilen, behalten andere Kinder ihre Geschlechtsidentität und den Wunsch, diese auszudrücken, für sich. Sie beobachten oftmals genau, wie in der Familie über Geschlechterrollen gesprochen wird und schätzen ab, ob und wann es günstig ist, sich mitzuteilen. Dies kann dazu führen, dass sich Eltern überraschend erstmals mit dem Thema Geschlechtsdiversität auseinandersetzen, während ihr Kind bereits einen intensiven Prozess durchlaufen hat und konkrete Informationen oder Handlungsschritte wünscht. In einem ersten Schritt gilt es deshalb ein gegenseitiges Verständnis für die Situation der jeweils anderen Person zu entwickeln. Eltern haben oftmals das Gefühl, dass die Geschlechtsinkongruenz des Kindes nur eine Phase sein könnte. Teilweise fürchten sie sich, durch ihre Akzeptanz die Geschlechtsidentität des Kindes vorzeitig festzulegen. Es ist wichtig, den Eltern zu vermitteln, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind seine Ambivalenzen offen mit ihnen teilt, wächst, wenn es spürt, dass es bedingungslos akzeptiert wird, so wie es ist. Im ersten Gespräch gilt es nicht nur gegenseitige Toleranz aufzubauen, sondern auch allfällige begleitende psychische Belastungen zu erkennen und darauf einzugehen.

Identitätsfindung und soziale Transition
Im weiteren Verlauf können die psychotherapeutischen Gespräche für das Kind zu einem Ort werden, an dem es seine Gedanken und Gefühle ausdrücken, sortieren, entwickeln und hinterfragen kann und dabei spürt, dass es ernst genommen wird. Ziel ist es dabei, die Identitätsfindung zu unterstützen und die Urteilsfähigkeit des Kindes zu fördern. Möglicherweise wünscht sich das Kind, mit einem anderen Pronomen oder Namen angesprochen zu werden und seine Geschlechterrolle zu verändern. Gleichzeitig gilt es, Raum für die Ängste und Bedenken der Eltern zu schaffen. Es ist wichtig ihnen zu vermitteln, dass Geschlechtsidentität sehr vielgestaltig und non-binär sein kann und sich nicht alle Kinder eine soziale Transition wünschen, nur weil ihr Äusseres oder Verhalten von den gesellschaftlichen Erwartungen an eine Geschlechterrolle abweicht. Und nicht alle Kinder, die eine soziale Transition (Wechsel der Geschlechtsrolle) durchlaufen, wünschen sich später geschlechtsanpassende, medizinische Massnahmen. Eine ergebnisoffene, akzeptierende Begleitung durch die Familie, die dem Kind überhaupt Raum und Zeit lässt, seine Identität zu entwickeln, ist hilfreich. 

Individuelle Begleitung
Ebenso individuell wie die Geschlechtsidentität ist die Form von therapeutischer Begleitung. Während bei einer Person eine soziale Transition im Raum steht, ist dies bei der nächsten Person nie ein Bedürfnis. Während bei manchen Menschen die Behandlung einer begleitenden Depression im Zentrum steht, suchen andere nach neuen Umgangsformen mit fordernden Alltagssituationen und ihrem Umfeld. Dies fordert eine Form von Begleitung, die ebenso vielgestaltig ist, wie die Geschlechtsidentität selbst.

 

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