Tiergestützte Therapien: Indikation

Tiergestützte Therapien: Indikation

Der erste Beitrag zum Thema tiergestützte Therapien zeigt die Ziele der Behandlung sowie die Indikation auf.

Die tiergestützte Therapie zählt zu den alternativmedizinischen Behandlungsverfahren und wird bei unterschiedlichen Erkrankungen eingesetzt. Dafür kommt eine Vielzahl von Tieren in Frage, u.a. Delphine, Hunde, Katzen, Pferde, Esel oder Lamas. In der Schweiz kommen am häufigsten Hunde und Pferde als Therapietiere zum Einsatz. Eine tiergestützte Therapie beschreibt eine Behandlung, die durch den Einsatz von Tieren eine positive Veränderung des Erlebens und Verhaltens von Personen mit psychischen und/oder körperlichen Erkrankungen zum Ziel hat. Besondere Bedeutung erlangen dabei die emotionale Nähe, Wärme und Zuwendung durch das Therapietier. Die tiergestützte Therapie stellt eine besondere Methode dar, die therapeutische Beziehung zu stärken und den Zugang zu therapeutischen Verfahren herzustellen. Dies ist besonders hilfreich für Personen, die sich in einem klassischen Therapie-Setting unwohl fühlen. Die Besonderheit bei einer Behandlung mit Tieren ist deren wertungs- und vorurteilsfreier Umgang mit Menschen. Dies kann das geschwächte Selbstwertgefühl von erkrankten Menschen positiv beeinflussen. Weiter werden durch das Füttern und Streicheln der Tiere motorische Fähigkeiten angeregt sowie die Körperwahrnehmung gefördert. Das Streicheln von Fell löst eine Ausschüttung von Bindungshormonen aus, was betroffene Personen eine starke Verbindung und Nähe zum Tier empfinden lässt. Die tiergestützte Therapie wird zur Gesundheitsförderung, Prävention oder Rehabilitation eingesetzt. Dabei ist die tiergestützte Therapie von der Tier-Mensch-Interaktion ohne therapeutischen Fokus zu unterscheiden. Sogenannte Animal-Assisted-Activities oder Tier-Mensch-Interaktionen haben lediglich zum Ziel, einen Kontakt zwischen Mensch und Tier herzustellen. Dabei werden keine spezifischen Ziele definiert oder angestrebt.

Ziele der tiergestützten Therapie
Im Rahmen der tiergestützten Therapie werden sowohl allgemeine als auch spezifische Ziele gesetzt. Zu den allgemeinen Zielen gehören eine Verbesserung des Wohlbefindens sowie die Förderung des Einbezogenseins in die jeweilige Lebenssituation. Hinzu kommen spezifische Ziele, die in Abhängigkeit von der Erkrankung sowie den individuellen Merkmalen des Patienten, wie z.B. dessen Ressourcen und Bedürfnissen, gesetzt werden. Einerseits soll die Handlungskompetenz gefördert werden, andererseits die kognitiven, emotionalen und körperlichen Funktionen verbessert oder wiederhergestellt werden. Zudem kann die Stärkung des Selbstbewusstseins, Teamfähigkeit, Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit und eine Verbesserung der Körperwahrnehmung angestrebt werden. Besonders für Menschen, die aufgrund schwieriger Erfahrungen ein Misstrauen gegenüber anderen Personen entwickelt haben, kann die tiergestützte Therapie ein wichtiges Instrument sein, um sich zu öffnen.

Indikation
Die tiergestützte Therapie kann bei fast allen psychischen Erkrankungen in Erwägung gezogen werden. Zu den wichtigsten gehören Angststörungen, affektive Störungen, Persönlichkeitsstörungen, Entwicklungsstörungen, kinetische Störungen und soziale Störungen. Bei Traumafolgestörungen sowie affektiven Störungen, wie beispielsweise der depressiven Störung, oder Suizidgefährdung kann die tiergestützte Therapie positive Gefühle erzeugen und die Gefühle von Einsamkeit vermindern.
Häufig spielen mangelndes Vertrauen in sich selbst und in andere eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung der Erkrankung. Im Kontakt mit Tieren kann das Vertrauen ins Gegenüber meist einfacher überwunden werden und somit einen wichtigen Anstoss zur Genesung geben. Bei Angststörungen wirken tiergestützte Therapien gemäss einem ähnlichen Prinzip. Angst blockiert die Bearbeitung und Auflösung der Ursache der Störung und kann durch den Umgang mit Tieren einfacher gelöst werden.
Besonders indiziert sind tiergestützte Verfahren bei Personen, die sehr in sich gekehrt sind. In der klassischen Psychotherapie kommt dem Gespräch eine grosse Bedeutung zu. Wenn dieser Zugang aufgrund starker Zurückhaltung, emotionaler Überstimulation, Scham oder Traumatisierung nicht möglich ist, können tiergestützte Therapien eine grosse Veränderung durch den Zugang über andere Kanäle bewirken. Hier kommt es besonders zum Tragen, dass die meisten Tiere – sofern sie keine schlechten Erfahrungen mit Menschen gemacht haben - vorurteilsfrei auf alle Menschen zugehen. Bei Entwicklungsstörungen bieten Tiere genauso einen Interaktionspartner ohne jegliche Erwartungen oder Wertungen. Zudem können verschiedene Entwicklungsbereiche im spielerischen Kontext gefördert werden, wie zum Beispiel die motorische Entwicklung beim Streicheln, Spielen oder Reiten. Personen mit einer kinetischen Störung können durch eine tiergestützte Therapie eine Verbesserung der Impulskontrolle erreichen. Eine Kontraindikation können beispielsweise Tierphobien, starke allergische Reaktionen sowie eine starke Abneigungen gegenüber Tieren darstellen. Die tiergestützte Therapie wird häufig im Rahmen einer Psychotherapie angewandt, kann aber auch als eigenständige Therapieform zum Einsatz kommen.

Teil 2: Behandlungsablauf

Teil 3: Ethik und Erfolgsaussichten

Teil 4: Geschichte einer jugendlichen Patientin

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