Transsexualität - Innere Transition

Transsexualität - Innere Transition

Im zweiten von vier Teilen beleuchtet Clienia wichtige Aspekte im Prozess einer Geschlechtsangleichung.

Teil 1: Diagnostik

Teil 3: Äussere Transition

Ein Transitionsprozess ist in vielerlei Hinsicht komplex, intensiv und anspruchsvoll. Dies gilt in der Regel nicht nur für die betreffende Person, sondern oftmals auch für ihr Umfeld. In manchen Fällen ist das Umfeld auch ein Faktor, der den ohnehin beanspruchenden Prozess noch erschwert.

Transition als Prozess
Anhand der Komplexität der diagnostischen Kriterien, die im ersten Teil dieser Blogreihe  beleuchtet wurden, lässt sich erahnen, dass Genderinkongruenz als Phänomen, das sich innerhalb der Psyche eines Menschen manifestiert, nicht einfach zu objektivieren und als Prozess für Aussenstehende nur schwer zu beschreiben ist. Entsprechend gross sind die Unterschiede zwischen den betreffenden Personen in der intrapsychischen Wahrnehmung und dem Umgang mit der Frage der Geschlechtsidentität.

Für Jugendliche, die sich bezüglich ihrer Geschlechtsidentität nicht sicher sind und/oder eine allfällige Geschlechtsangleichung in Betracht ziehen, ergibt eine psychotherapeutische Begleitung bereits frühzeitig in diesem Prozess durchaus Sinn. Nebst der Auseinandersetzung mit der Thematik der eigentlichen Identität stellen sich diverse weitere Fragen, die es sich für ein allfälliges Coming-Out zu bearbeiten lohnen.

Diese Fragen können sich auf eine Vielzahl von unterschiedlichen Themen beziehen. So zum Beispiel das Ausmass, inwiefern das neue Geschlecht von aussen sichtbar sein soll. Welche medizinischen Schritte wären dafür notwendig? Was könnte die Kommunikation für Auswirkungen auf die Lebensführung haben? Müssten Kompromisse eingegangen werden?

Wie lange dieser Prozess vor dem Coming-Out dauert, kann nicht generell vorgeschrieben, sondern muss unbedingt individuell abgestimmt werden. Grundsätzlich soll sich die betreffende Person aber möglichst viel Zeit für diesen Prozess geben. Eine überstürzte Entscheidung könnte weitreichende Konsequenzen haben.

Umfeld (Rahmenbedingungen)
Wie bei diversen Aspekten im Kindes- und Jugendalter spielt auch bei der Thematik der Genderinkongruenz das familiäre Umfeld eine sehr wichtige Rolle. Im Falle einer Ablehnung oder fehlenden Unterstützung durch Eltern oder Geschwister ist die Gefahr durchaus gegeben, dass sich aus der daraus folgenden Belastung ein psychiatrisches Störungsbild entwickelt, wie im ersten Teil des Blogs beschrieben.

Faktoren wie persönliche Werte, Normen oder religiöse Haltungen können ein Coming-Out schwierig und den Prozess enorm belastend machen. Entsprechend wichtig ist es, dass das familiäre Umfeld bereits frühzeitig in den Prozess mit einbezogen wird, um allfällige Konflikte frühzeitig anzugehen, durch eine ausführliche Psychoedukation die Belastung für die betreffende Person möglichst klein zu halten und die Ablehnung im Idealfall sogar in eine wohlwollende und unterstützende Haltung umzuwandeln.

Neben dem familiären Umfeld ist auch das schulische ein enorm entscheidendes Feld bei der Minimierung von psychosozialen Belastungsfaktoren und somit des Risikos zur Entwicklung eines psychopathologischen Störungsbildes.

Um das Coming-Out vorzubereiten, ist der Einbezug einer Lehrperson und/oder der Schulleitung wünschenswert. Idealerweise sollte dieser Schritt therapeutisch begleitet sein. Sollte die betreffende Person damit einverstanden sein, kann dies den notwendigen Raum schaffen, um die Schulklasse über das Thema zu informieren und Fragen zu beantworten. Die Erfahrung zeigt, dass solche proaktiven und aufklärenden Massnahmen helfen, die Gefahr von Mobbing und sozialem Ausschluss stark zu senken. In der Regel sind Jugendliche offener und interessierter am Thema, als Erwachsene annehmen. Weiter lohnt es sich auch, im Vorfeld mit den zuständigen Personen zu klären, wie Situationen mit geschlechtergetrennten Unterrichtsformen (wie zum Beispiel Sportunterricht) gehandhabt werden.

Im nächsten Teil der Blogreihe behandeln wir mögliche medizinische Schritte, wie zum Beispiel eine hormonelle Behandlung, und die psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung.

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