Zwangserkrankungen: Therapie und Behandlungsmöglichkeiten

Zwangserkrankungen: Therapie und Behandlungsmöglichkeiten

Im dritten Teil zum Thema Zwangserkrankungen werden die Therapiemöglichkeiten vermittelt.

Teil 1: Symptome & Diagnose

Teil 2: Herkunft & Ursache

Je früher die Therapie der Zwangserkrankung gestartet wird, desto besser können die Folgen der Erkrankung verhindert werden. Doch auch bei Zwangserkrankungen, die schon seit Jahren bestehen, können mithilfe einer geeigneten Therapie gute Ergebnisse erzielt werden. Auch wenn nur wenige Patienten durch die Therapie symptomfrei werden, so erleben viele eine Reduktion der Symptome. Die Intensität der Zwangsgedanken und Zwangshandlungen lässt nach und die Patienten erleben dadurch eine Entlastung. Als Folge erhöht sich die Lebensqualität der Betroffenen. In erster Linie wird eine kognitive Verhaltenstherapie mit Exposition und Reaktionsmanagement zur Behandlung von Zwangserkrankungen empfohlen. Dazu kommen je nach dem ergänzende Therapien oder eine medikamentöse Therapie.

Psychotherapie
Zwangserkrankungen werden meist mit einer kognitiven Verhaltenstherapie behandelt. Dazu gehört eine Exposition mit Reaktionsmanagement als Symptomtherapie. Bei dieser Therapie setzt sich die betroffene Person in Begleitung des Therapeuten zwangsauslösenden Situationen aus. Dies wird durchgeführt, um zu lernen mit den unangenehmen Gefühlen umzugehen ohne Zwangshandlungen auszuführen. Die Angst wird zugelassen und verringert sich allmählich von alleine wieder. Bei mehrmaliger Wiederholung stellt sich eine Gewöhnung ein und die Angst vor der Angst lässt nach. Der Patient lernt, dass die Angst nicht ins Unermessliche steigt, sondern von selbst wieder abnimmt. Die Exposition sollte möglichst im alltäglichen Umfeld des Patienten durchgeführt werden. So lernt die betroffene Person, dass die Befürchtungen nicht eintreten und die unangenehmen Gefühlen mit der Zeit von selbst verschwinden ohne dass eine Zwangshandlung ausgeführt werden muss. Die Exposition wird zuerst in der Therapie besprochen, bevor sie durchgeführt wird. Anfangs ist der Therapeut dabei, doch im Verlauf beginnt der Patient Expositions-Übungen alleine durchzuführen. Dies ist wichtig, damit der Patient erlebt, dass er seine Zwänge auch ohne den Therapeuten bewältigen kann.

Weiter sind diverse andere kognitiv-verhaltenstherapeutische Elemente teil der Therapie. So hat sich gezeigt, dass oftmals die Bewertung der Zwangsgedanken bei betroffenen Personen anders ausfällt als bei Gesunden. Dies kann mit bestimmten Eigenschaften zusammenhängen, wie zum Beispiel alles perfekt machen zu wollen oder sich verantwortlich zu fühlen. Diese Eigenschaften begünstigen die Entwicklung von Denkfehlern. So wird beispielsweise lediglich vom Auftreten eines Gedankens darauf geschlossen, dass man eine schlechte oder gewalttätige Person ist. Diese Denkfehler werden in der Therapie bearbeitet und es werden alternative Denkmuster erarbeitet. Auch systemische, psychodynamische und achtsamkeitsbasierte Elemente können einbezogen werden. Des Weiteren werden auch mögliche Funktionen der Zwangserkrankung erarbeitet. So könnte die Erkrankung beispielsweise die Funktion haben, unangenehmen Situationen aus dem Weg zu gehen oder die Beziehung zu Personen zu regulieren. Aufgrund dessen, können auch Angehörige in die Therapie mit einbezogen werden. Dies wird vor allem dann empfohlen, wenn sie Teil der Rituale sind.

Medikamentöse Therapie
Als medikamentöse Ergänzung zur Psychotherapie werden bei Zwangserkrankung vor allem selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) verwendet. Dies macht besonder Sinn, wenn neben der Zwangserkrankung eine Depression vorliegt.

Ergänzende Therapien
Wenn die Zwangserkrankung eine Funktion, wie zum Beispiel die Vermeidung unangenehmer Situationen erfüllt, so sollte auch diese Belastung in der Therapie berücksichtigt werden. Solche Belastungen machen die betroffene Person anfälliger dafür, in Zukunft erneut Zwänge zu entwickeln. Dazu gehört der Umgang mit Konflikten. Wenn Betroffene einem Streit lieber aus dem Weg gehen und nicht gut mit Konflikten umgehen können, so können Zwänge einen Ausweg aus der Situation bieten. In der Therapie kann vermittelt werden, wie erfolgreiche Problemgespräche geführt und das Vermeidungsverhalten reduziert werden kann. Auch der Umgang mit anderen kann eine Belastung sein. So hat die betroffene Person beispielsweise Mühe, Kontakte zu knüpfen und ist eher zurückgezogen. Die Zwänge verhindern dann, dass die betroffene Person gewissen sozialen Situationen überhaupt ausgesetzt ist. Auch dies kann in der Therapie besprochen werden und soziale Fertigkeiten können vermittelt werden. So kann den Betroffenen geholfen werden, in sozialen Situationen selbstsicherer aufzutreten und allfällig als unerwünscht wahrgenommenes Verhalten geändert werden.

Einige Personen haben auch Schwierigkeiten mit dem Umgang mit Gefühlen. Sie finden es schwierig, ihre momentane Gefühlslage zu erkennen und mitzuteilen. So dient ein Zwang dazu, unterdrückte Gefühle auszudrücken. In der Therapie können alternative Wege zur Bewältigung von Gefühlen erarbeitet werden. Eine weitere Schwierigkeit kann der Umgang mit Stress darstellen. Stress begünstigt die Entwicklung von Zwängen. Deshalb ist es hilfreich, einen guten Umgang mit Stress zu finden, zum Beispiel mithilfe von Entspannungstrainings oder Hobbies. Der Umgang mit sich selbst kann für einige Personen eine weitere Belastung darstellen. So genügt eine betroffene Person nicht den eigenen Ansprüchen und ist von sich immer wieder enttäuscht. In der Therapie kann man lernen, solche Massstäbe herunterzusetzen und liebevoll mit sich umzugehen. Letztendlich kann auch der Umgang mit einem Leben ohne Zwänge eine Belastung sein. Manche Personen empfinden eine Leere, weil früher die Zwänge viel Zeit eingenommen haben. Dies ist völlig normal und muss nicht bedeuten, dass sich die betroffene Person die Zwänge zurückwünscht. In der Therapie kann besprochen werden, wie die freie Zeit verwendet werden kann. Mit der Beseitigung der Zwänge wird Raum für Neues geschaffen.

Für weitere Informationen können Sie sich jederzeit an unsere Beratungsstelle wenden.

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