Soziale Phobie: Ursachen

Soziale Phobie: Ursachen

Teil 1: Symptome und Diagnose

Die Identifizierung von Risikofaktoren, die eine soziale Phobie begünstigen, gestaltet sich als schwierig. Dafür werden Längsschnittstudien benötigt, bei den Personen mit einer sozialen Phobie über einen längeren Zeitraum hinweg bezüglich diverser Merkmale untersucht werden. Jedoch sind Längsschnittstudien sehr aufwändig und in der Praxis auch häufig schwierig umsetzbar. Deshalb sind Längsschnittstudien eher selten. Nichtsdestotrotz sind sich die Experten einig: Eine soziale Phobie entsteht nicht durch einen Auslöser, sondern es spielen mehrere (Risiko-)Faktoren eine wichtige Rolle. Deshalb sind Modelle, welche die Entstehung einer sozialen Phobie zu erklären versuchen, multifaktoriell. Multifaktorielle Modelle gehen davon aus, dass biologische, psychologische Faktoren und Erfahrungen aus der Kindheit zusammenwirken und so die Entstehung einer sozialen Phobie begünstigen.

Im Folgenden werden mögliche Risikofaktoren für die Entstehung einer sozialen Phobie beschrieben:

Negative Erfahrungen in der Kindheit
Betroffene einer sozialen Phobie haben in ihrer Kindheit häufig ungünstige (Lern-)Erfahrungen gemacht. Ein wichtiger Faktor hierbei ist ein dysfunktionales Erziehungsverhalten der Eltern. Bei einem überbehütenden Erziehungsstil werden Kinder stark kontrolliert und eingeschränkt. Folglich lernen betroffene Kinder nicht in ausreichendem Masse ein selbstständiges und autonomes Handeln. Gegenteilig ist auch ein wenig emotionaler und instabiler Erziehungsstil besonders ungünstig. Kinder können so die Überzeugung ausbilden, dass soziale Kontakte unvorhersehbar oder sogar gefährlich sein können.

Ein dysfunktionaler Erziehungsstil führt bei Kindern zu einem geringen Selbstwertgefühl und Selbstwirksamkeitserwartung, wie in Teil 1: Symptome und Diagnose beschrieben. Das kann dazu führen, dass Kinder nicht wissen, wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten sollen. Folglich werden unangenehme oder angstauslösende Situationen gemieden. Dabei wirkt das Vermeiden der Situation angstmindernd und es kommt zu einer Vermeidungskonditionierung. Die Vermeidung der angstauslösenden Situation spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung einer sozialen Phobie. Denn werden diese Situationen ständig vermieden, können keine korrektiven Erfahrungen gemacht werden.

Betroffene einer sozialen Phobie berichten auch häufiger von traumatischen Erfahrungen in der Kindheit wie zum Beispiel Gewalt in der Familie, körperlicher / sexueller Missbrauch oder längere Trennung von den Eltern.

Psychologische Risikofaktoren

Schüchternheit, Zurückgezogenheit und Angst in Bezug auf neue Situationen sind Merkmale, die bereits früh auftreten und über verschiedene Situationen hinweg stabil sind. Diese Merkmale werden als Behavioral Inhibition (Verhaltenshemmung) bezeichnet und können einen Risikofaktor für Angststörungen (nicht nur soziale Phobien) darstellen.  Wie bereits in Teil 1: Symptome und Diagnose beschrieben, steht im Zentrum der sozialen Phobie die Angst vor der (negativen) Beurteilung anderer Menschen. Um jegliche Situationen zu vermeiden, in denen eine Peinlichkeit befürchtet wird, weisen Betroffene einer sozialen Phobie ein starkes Sicherheitsverhalten auf. Sicherheitsverhalten kann sich äussern in einer übertriebenen Vorbereitung, übertriebenes Überprüfen der äusseren Erscheinung oder in einer geringen Gesprächsbeteiligung. Folglich fokussieren soziale PhobikerInnen ihre Aufmerksamkeit auf sich selbst und weniger auf die soziale Interaktion. Werden soziale Informationen wahrgenommen, können diese aufgrund der negativen Annahmen über die «bedrohliche» Situation verzerrt interpretiert werden.

Genetische Veranlagung und biologische Faktoren

Unterschiedliche Familien-, Zwillings- und molekulargenetische Studien fanden eine familiäre Häufung der sozialen Phobie. Das unterstützt die Annahme, dass zumindest ein Teil der Ursache einer sozialen Phobie auf die genetische Vererbung zurückzuführen ist. Wie gross dieser Anteil jedoch ist, lässt sich nicht eindeutig beziffern.

Neurobiologische Veränderungen, welche im Zusammenhang mit einer sozialen Phobie stehen, werden vor allem von Störungen des Serotonin- und Dopaminsystems verursacht.

Im dritten von vier Teilen werden die Behandlungsmöglichkeiten einer sozialen Phobie vorgestellt.

Teil 3: Behandlung

Weitere Beiträge

Stimmenhören: Behandlung
16.4.24
Clienia-Gruppe
Stimmenhören: Ursache und Diagnose
9.4.24
Clienia-Gruppe
Stimmenhören: Symptome
2.4.24
Clienia-Gruppe
Sport und psychische Gesundheit: Wechselwirkung bei Kindern und Jugendlichen
19.3.24
Clienia-Gruppe
Sport und psychische Gesundheit: Wechselwirkung bei Erwachsenen
12.3.24
Clienia-Gruppe
Sport und psychische Gesundheit: Die physiologische Wirkung
5.3.24
Clienia-Gruppe